Posttraumatische Belastungsstörung

Was ist ein psychisches Trauma?

Ein psychisches Trauma kann dann entstehen, wenn eine Person von einem katastrophalen Geschehen heimgesucht wird, das durch seine überwältigende Intensität, Plötzlichkeit und Bedrohlichkeit die Möglichkeiten der betroffenen Person überfordert, sich gegen dieses Ereignis zu wehren oder ihm zu entkommen. Das Opfer erlebt sich hilflos ausgeliefert und hat keine wirksame Strategien zum Selbstschutz. Traumatisierungen können im Rahmen von Unfällen, Naturkatastrophen stattfinden oder durch Menschen (z.B. bei sexuellem Missbrauch, Vergewaltigung, körperlicher Gewaltanwendung) verursacht werden. Die verschiedenen Arten von Traumata werden allgemein in zwei Gruppen unterteilt:

Ein Trauma vom Typ-1 liegt vor, wenn es sich um ein kurzes, akutes und begrenztes traumatisches Ereignis handelt, bei dem spätestens nach dem Geschehen selbst sozialer Beistand, Schutz und Hilfe durch andere gegeben ist. Die Opfer können in der Regel mit nahestehenden Personen oder Helfern über das Ereignis sprechen, beispielsweise nach Unfällen, Naturkatastrophen oder kriminellen Überfällen.

Dagegen spricht man von einem Trauma Typ-2, wenn Menschen wiederholte, länger andauernde und schwere Bedrohungen und/oder Gewalt durch andere Menschen erleiden müssen, z.B. bei längeren Geiselnahmen, Kriegshandlungen und Verfolgungen. Die häufigsten Traumatisierungen vom Typ-2 ereignen sich in Deutschland jedoch im Rahmen sogenannter familiärer Gewalt und hier wiederum in Form von emotionalen, physischen und sexuellen Missbrauchshandlungen während der Kindheit.

Die letztgenannte Formen der Traumatisierung haben für die Opfer besonders schwerwiegende Folgen, da frühe Gewalt- und sexuelle Missbrauchserfahrungen sowie emotionale Vernachlässigungen schwere Schäden in der nachfolgenden Persönlichkeitsentwicklung haben. Da diese Traumata tabuisiert und schambesetzt sind, werden sie oft jahrelang verschwiegen.

Alle psychischen Traumatisierungen verursachen bei den Betroffenen mehr oder weniger andauernde psychische bzw. psychosomatische Störungen, die in Art und Ausprägung unterschiedlich sein können. Aber nicht alle Traumatisierungen müssen zu einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) führen, so liegen die Auftretenshäufigkeit einer PTBS nach einem Trauma zwischen 2% und 60%. Diese breite Streuung hängt zum einen von der Art der Traumatisierung ab, zum anderen davon, ob, wie und wann Hilfe von anderen geleistet werden konnte.

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Eine „Posttraumatische Belastungsstörung“ wird dann diagnostiziert, wenn nach einem Trauma das Krankheitsbild im Wesentlichen durch folgende Symptome (nach ICD-10) gekennzeichnet ist:

  • sich aufdrängende, belastende Gedanken und Erinnerungen (Intrusionen d.h. Bilder, Alpträume, Flashbacks) an das Trauma oder Erinnerungslücken (partielle Amnesie)
  • Übererregungssymptome (Schlafstörungen, Schreckhaftigkeit, vermehrte Reizbarkeit, Affektintoleranz, Konzentrationsstörungen)
  • Vermeidungsverhalten (Vermeidung traumaassoziierter Stimuli)
  • emotionale Taubheit (allgemeiner Rückzug, Interessenverlust, innere Teilnahmslosigkeit)

Die Symptomatik kann unmittelbar (akute PTBS) oder auch mit (z. T. mehrjähriger) Verzögerung nach dem traumatischen Geschehen (late-onset PTBS) auftreten.

Eine stationäre psychotherapeutische Behandlung ist dann angezeigt, wenn:

  • die Fähigkeit, den Alltag und die beruflichen Anforderungen zu bewältigen, durch die auf das Trauma folgende Symptomatik in erheblichen Maße eingeschränkt ist;
  • die bisherige ambulante Psychotherapie bezüglich Behandlungsintensität, Entlastung und Schutz nicht ausreicht, das Trauma zu bearbeiten;
  • sich nach längerfristigen Traumatisierungen in der Kindheit neben der PTBS weitere gravierende Störungsbilder entwickelt haben (z.B. schwere Depression, Angststörung, somatoforme Störung, Persönlichkeitsstörung oder Suchtverhalten), die ein komplexes Behandlungsangebot erforderlich machen.
  • Psychotische Erkrankungen
  • Akute Suizidalität
  • Alkohol und Drogenabhängigkeit
  • Fremdaggressives und antisoziales Verhalten
  • Anhaltender Täterkontakt

Die Behandlung posttraumatischer Belastungsstörungen erfordert einen hohen therapeutischen Kompetenzgrad und einen z.T. enormen Therapieaufwand. Gründe hierfür liegen in der Vielschichtigkeit der Symptomatik auf der kognitiven, biologischen, emotionalen und behavioralen Ebene. Des Weiteren erfordern die Art der Traumata, die Schwere der Störung und der soziale Kontext der Traumatisierten eine störungsspezifische, kulturspezifische und personenbezogene Anpassung der Behandlung. Ein generelles Therapieziel ist es, das vormals überwältigende Traumaereignis zum integrierten Teil der persönlichen Lebensgeschichte zu machen.

Unser verhaltenstherapeutischer Ansatz zielt darauf ab, über optimale Informationsvermittlung (therapiefähiges Problemverständnis) und spezielle Therapiemethoden die Entscheidungs- und Handlungskompetenz hinsichtlich eines autonomeren Umgangs mit traumabedingten Beeinträchtigungen zu verbessern. Dabei müssen sowohl das Ausmaß der unwillkürlichen Intrusionen als auch die individuelle Fähigkeit, mit intensiven Emotionen umzugehen, angepasst werden. Üblicherweise werden in Traumatherapien folgende Schwerpunkte bzw. Phasen berücksichtigt:

1. Stabilisierung

Ausführliche Aufklärung und Informationen über das Störungsbild (Intrusionen, Flashbacks, Dissoziation etc.). Während der Stabilisierungsphase sollen Betroffene in die Lage versetzt werden, wie sie die überwältigenden Gefühle und pathologischen Reaktionsmuster (z.B. Dissoziieren, Ängste, Schmerzen, depressive Einbrüche, Impulsdurchbrüche) kontrollieren und reduzieren können. Wichtig ist hier die Herstellung der äußeren und inneren Sicherheit (Schutz vor Täterkontakt, Kontrolle von Auslösesituationen, Kontrolle von selbstschädigendem Verhalten). Dies schließt das Erkennen und Benennen von und den Umgang mit Emotionen (z.B. Schuld, Scham) ebenso mit ein, wie die angemessene Inanspruchnahme von sozialer Unterstützung. Des Weiteren wird hier angestrebt, die eigene Aufmerksamkeit eher auf die traumabezogene Bedeutung als auf die Symptome zu konzentrieren, strukturierte Tagesaktivitäten zu planen, vernünftig körperliche Aktivitäten und Ernährung einzusetzen sowie Entspannung und Stressbewältigung anzuwenden. Während der Stabilisierungsphase ist es häufig angezeigt, psychopharmakologisch zu unterstützen.

2. Traumabearbeitung

Zunächst wird versucht, die traumatische Situation möglichst vollständig ins Bewusstsein zu holen, wobei amnestische Anteile auch über imaginative Verfahren rekonstruiert werden können. Bei starken emotionalen, sensorischen oder imaginativen Intrusionen kann eine kontrollierte Konfrontation in sensu (in der Vorstellung) mit den traumatischen Gedächtnisinhalten helfen, wieder die Kontrolle über diese Symptomatik zu erlangen. Therapeutisch kommen hier imaginative Techniken zu Anwendung, wobei sich die Patienten mit therapeutischer Hilfe stufenweise und kontrolliert mit Szenen der Traumatisierung in der Vorstellung konfrontieren und gegebenenfalls bewältigende Handlungen in die Vorstellung einspielen (nach der Imagery Rescripting and Reprocessing Therapy IRRT). Kommt es hierdurch zu einer Synthese und Integration des Traumas, können sich auch die beschriebenen Symptome z.T. deutlich reduzieren.

3. Neuorientierung

In dieser Behandlungsphase steht die therapeutische Bearbeitung der traumabedingten Einschränkungen und Verluste im Leben der Betroffenen im Mittelpunkt. Darüber hinaus geht es auch darum, traumainduzierte kognitive, emotionale und verhaltensmäßige Schemata zu verändern, um so ein positiveres Selbstkonzept, neue Perspektiven und Strategien für das eigene zukünftige Leben zu entwickeln.

Die oben beschriebenen therapeutischen Lernschritte können durch non-verbale Mittel in der Körpertherapie oder Gestaltungsgruppe unterstützt werden, um die differenzierte Wahrnehmung von und Vertrautheit mit dem eigenen Körper sowie die non-verbale Abgrenzung und Beziehungsgestaltung zu verbessern. Auch die Sporttherapie kann über Bewegungsangebote einen positiven Zugang zum eigenen Körper und zu neuen Erfahrungen mit der eigenen Bewegung und Kraft vermitteln. Durch ein Entspannungstraining kann die aktive Einflussnahme auf muskuläre Verspannungszustände, innere Unruhe und Übererregung sowie Schlafstörungen ermöglicht werden.

Phobisches Vermeidungsverhalten von Situationen, die mit dem Trauma assoziiert waren, kann in einer Angstbewältigungsgruppe thematisiert und bewältigt werden. Bei Bedarf besteht die Möglichkeit, das Therapieangebot für traumatisierte Patientinnen und Patienten durch Angebote der Sozialtherapie, der kognitiven Depressionstherapie und der medikamentösen Therapie zu ergänzen.

Für Frauen, die an den Folgen sexualisierter Gewalt leiden, steht eine spezielle Frauengruppe zur Verfügung, die zweimal wöchentlich stattfindet und von zwei Therapeutinnen geleitet wird. Die Teilnehmerinnen der Gruppe können selbst bestimmen in welchen Umfang sie sich mit Themen der Selbstablehnung, des Schulderlebens, der Probleme in der Gestaltung von Beziehung und Sexualität oder dem Umgang mit der Ursprungsfamilie bzw. den Tätern beschäftigen wollen. Die vertrauensvolle Gestaltung der Gruppe, die gegenseitige Ermutigung zur Wiederherstellung der eigenen Grenzen, die Förderung der eigenen Selbstheilungskräften und Ressourcen und die Solidarität mit den Mitbetroffenen bieten für die Teilnehmerinnen einen zusätzlichen Schutzraum.
In einem speziellen Selbstverteidigungskurs werden die Frauen zusätzlich unterstützt, sich abzugrenzen und Selbstschutz aufzubauen.

Die stationäre Behandlungsdauer beträgt mindestens 6 bis 8 Wochen. Allerdings benötigen Menschen mit einer chronifizierten, komplexen posttraumatischen Belastungsstörung häufig eine längere stabilisierende Behandlung, bevor – im Rahmen eines zweiten stationären Aufenthaltes – eine Expositionsbehandlung durchgeführt werden kann (Intervalltherapie).

Sie haben die Möglichkeit, zusätzliche Sonderleistungen, sogenannte „Wahlleistungen“ in Anspruch zu nehmen. Diese werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht erstattet.

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