Schwerpunkte der Behandlung von Zwangsstörungen in unserem Haus liegen – entsprechend der Leitlinien der Fachgesellschaften auf der in vielen Studien als unverzichtbar erwiesenen Expositionsbehandlung (ein Trainingsprogramm zur Tolerierung vormals Angst auslösender Reize), ferner auch auf Bewusstmachung personspezifischer Auslöser und vor allem auf Teilnahme an einem sehr intensiven Gruppenprogramm, welches auf die krankheitstypischen Merkmale von Zwangsbetroffenen eingeht. Zwangsstörungen werden auf Grundlage eines komplexen Bedingungsmodells und unter Einschluss organischer Faktoren weitgehend als erlerntes Problemverhalten betrachtet.
- Im Gegensatz zu anderenorts existierenden häufig von vornherein festgelegten Therapieprogrammen wird bei uns in einem ersten Behandlungsabschnitt eine individuelle Verhaltensanalyse durchgeführt, um neben den Zwangsverhaltensweisen problematische emotionale Inhalte zu erkennen, welche den Zwangsritualen vorausgehen.
- Häufig sind diese Inhalte wenig bewusst und schwer zugänglich. Spezielle Therapiebausteine, wie z.B. Familienskulptur und die Teilnahme am Wahrnehmungstraining, (angelehnt an das Achtsamkeitstraining nach Kabat-Zinn) helfen bei der Analyse.
- Nachdem die bedingungsanalytischen Zusammenhänge geklärt sind und der Patient seine Wahrnehmungsfähigkeit verbessert hat beginnt als nächster Abschnitt die Reizkonfrontation. Im Laufe von 2 Wochen setzt sich der Patient den Bedingungen aus, die er normalerweise fürchtet und auf die er mit seinem typischen Zwangsverhalten reagiert hat. Nach einer Eingewöhnungsphase werden die mit den Zwängen verbundenen Ängste unter therapeutischer Begleitung bewusst auf einen Höchstwert gesteigert. Der Patient lernt dabei, dass er die gefürchteten Situationen übersteht und die Ängste „von selbst“ zurückgehen. Vorteilhafterweise beschränken sich diese Übungen nicht auf die Klinik selbst, sondern werden – wenn möglich – auch auf das Zuhause des Patienten ausgeweitet, um den Wissenstransfer auszudehnen
- In einem nächsten Behandlungsschwerpunkt werden gegen die persönlichen Defizite, die eine Zwangssymptomatik bedingen, ausgleichende Trainingsmaßnahmen durchgeführt; dies kann die Auseinandersetzung mit tief verwurzelten Einstellungsmustern sein (Schematherapie) oder auch körperpsychotherapeutisches Arbeiten (als Nutzung der nonverbalen Möglichkeiten, über die jeder Mensch verfügt).
- Vervollständigt wird der multimodale Therapieansatz durch die Einbeziehung von Angehörigen, soweit dies erforderlich ist.
- Schließlich kommen behandlungsunterstützende medikamentöse Bausteine zum Einsatz, wenn es nötig ist (hauptsächlich sog. SSRI, die zur Gruppe der Antidepressiva gehören).
Schließlich sei noch auf einige formale Merkmale des Ansatzes hingewiesen:
- Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung der Zwangsstörung ist das Einverständnis des Patienten mit der beschriebenen Reizkonfrontation, was vor Behandlungsbeginn schriftlich zugesichert werden muss.
- Eine weitere Notwendigkeit ist die Sicherung der ambulanten Nachsorge: Nach Ende der stationären Behandlung ist erfahrungsgemäß und durch eigene zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt, dass ambulante therapeutische Hilfe unverzichtbar ist, um das Erlernte zu vertiefen und zu stabilisieren. Wegen der fast überall üblichen langen Wartezeit der ambulanten Behandler muss ein Nachsorgeplatz bereits vor Antritt der stationären Behandlung nachweislich gesichert sein.
- Betroffene müssen sich auf eine im Vergleich zu anderen psychosomatischen Erkrankungen (z.B. Phobien) etwas längere Behandlungsdauer einstellen – bei Einsatz aller obigen als relevant beschriebenen Therapiebausteine ca. 8 – 10 Wochen.
Eng verwandt mit der eigentlichen Zwangsstörung sind die sogenannten Zwangsspektrumsstörungen, welche ebenfalls in unserer Klinik behandelt werden.
Zwangsspektrumsstörungen sind Krankheiten bei denen zwanghaft anmutende Verhaltensweisen bestehen. Zu den Zwangsspektrumsstörungen gehören folgende Erkrankungen (nach einer aktuell international gültigen Einteilung):
- Zwangsstörungen (F42)
- Hypochondrie (F45.2)
- Tics incl Tourette-Syndrom. (F95.1-9)
- Dysmorphophobie (F45.2)
- Trichotillomanie (F63.3)
- Zwanghafte Persönlichkeitsstörung (F60.5).